Asef Hossaini

 1 The Girls

Sayed Asef Hossaini

5.12.2012

source: bpb 

Die Rolle der Ethnien und Stämme in der afghanischen Staatsbildung und Politik geht auf das 18. Jahrhundert zurück, als das Land im Anschluss an eine neuntägige "Dschirga" (traditionelle Versammlung der Stämme) gegründet wurde. Heute stellt die Loja Dschirga ein Parallelorgan zu anderen Institutionen wie Parlament und Senat dar – und verringert deren Einfluss. 


Einführung

Bis Ende 2014 sollen etwa 140.000 ausländische Truppen Afghanistan verlassen. Nach 13 Jahren wird damit die politische Verantwortung der afghanischen Regierung übergeben, die seit dem Sturz der Taliban 2001 an der Macht ist. Dieser Text widmet sich der Frage nach einer gelungenen Staatenbildung in Afghanistan, der Rolle der verschiedenen ethnischen Gruppen im Prozess des Nationsbildung und ihrer Wechselbeziehung mit der afghanischen Regierung. Zudem diskutiert er die Rolle der Stämme im Prozess der Staatsbildung. 

In der Anthropologie wird ein Stamm definiert als "eine symbolische soziale Gruppe, die auf Untergruppen basieren und zeitwilligen oder dauerhaften politischen Schutz innehaben. Die Gruppen haben eine Tradition die auf gemeinsame Vorfahren, deren Sprache, Kultur und Ideologie beruht." (Britannica 2012). Stamm bezeichnet eine wenig komplexe gesellschaftliche Organisationsform, deren Mitglieder durch das Verständnis von einer gemeinsamen Abstammung und durch gegenseitige Verwandtschaftsbeziehungen zusammengehalten werden. Dieser Vorstellung eines Stammes stellten die Politikwissenschaft und die Ethnologie bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts die als höherwertig postulierte Ordnungsstruktur des Staates gegenüber. Dagegen besitzt in der Ethnologie eine Definition von Stamm, die sich an der Selbstidentifikation sowie der kulturellen, religiösen und ethnischen Identität der jeweiligen sozialen Gruppe orientiert, weiterhin Bedeutung. 

Die Untergruppen der Stämme werden auch als Clan bezeichnet. In diesem Beitrag soll die Rolle der "Clans" im Prozess der Staatsbildung und Nationsbildung in knapper Form untersucht werden. 

In der Ethnologie und Anthropologie bezeichnet man als Clan eine Verwandschaftsgruppe , die sich auf einen gemeinsamen Ahn bezieht, ohne dabei jedoch die Abstammung lückenlos herleiten zu können. Eine genauere Definition von Clan, die sich in der englisch- und deutschsprachigen Forschungsliteratur durchgesetzt hat, geht auf den US-amerikanischen Anthropologen George P. Murdock (1897–1985) zurück. Murdock bezeichnet eine Verwandtschaftsgruppe, die gemeinsam auf einem Territorium zusammen lebt, als Clan. Eingeschlossen werden hier die angeheirateten Ehepartner, ausgeschlossen die wegheiratenden. Die Zugehörigkeit wird durch die Patrilinearität bestimmt. Diese Definition trifft auch auf Afghanistan zu. 

Eine Ethnie ist eine Gruppe von Menschen, denen eine kollektive Identität zugesprochen wird. Zuschreibungskriterien können Herkunftssagen, Abstammung, Geschichte, Kultur, Sprache, Religion, die Verbindung zu einem spezifischen Territorium sowie ein Gefühl der Solidarität sein.
[1] 

Die Rolle der Ethnien und Stämme in der afghanischen Staatsbildung und Politik geht auf eine Zeit zurück, als Afghanistan im 18. Jahrhundert im Anschluss an eine neuntägige "Jirga" (traditioneller Stammtisch) gegründet und die Regierung von Ahmad Shah Abdali konstituiert wurde. Der Chronist der afghanischen Geschichte Mir Mohammad Ghobar schreibt, dass diese "Jirga" sich aus Khans (Stammesfürsten) der Gheljaeis, Usbeken, Hazaras, Belutschen und Tajiken zusammensetzte.
[2] 

Nach der Machtübernahme durch die Paschtunen wurde die Rolle andere "Ethnien" in der Geschichte Afghanistans unbedeutender. Die Paschtunen versuchten, den neuen Staat alleine zu prägen. Der deutsche Afghanistan-Experte Conrad Schetter schreibt: "Die herrschende paschtunische Familie, welche durch 'Britisch Indien' an die Macht gekommen war, favorisierte paschtunische Elemente bei ihrem Konzept von 'Staat und Nation' […] Die Politik der herrschenden Familie setzte die eigenen ethnischen Muster ein, um öffentliche Güter und die Verwaltung unter ihre Kontrolle zu bringen."[3] 

Die nicht-paschtunischen Ethnien, d.h. Tajiken, Hazaras und Uzbeken, verloren allmählich unter dem Druck der herrschenden Ethnie an Einfluss. Der Prozess der "Staats- und Nationsbildung" beschränkte sich damit auf Aktionen und Reaktionen zwischen der Zentralregierung in Kabul und paschtunischen Stämmen. Aber auch zwischen den paschtunischen Stämmen gab es ständig Kämpfe und politische Rivalitäten. 

Der iranische Soziologe Hossein Boshiria meint: "Die wichtigsten politischen Spannungen ereigneten sich unter paschtunischen Stämmen selbst; insbesondere zwischen Durranis und Barekzais gab es immer politische Rivalitäten."
[4] Man kann also sagen, dass der Prozess der "Staats- und Nationsbildung" mit oder ohne Erfolg untrennbar mit der Rolle der Paschtunen in Bezug auf die Zentralregierung im Zusammenhang stand.

Das Konzept der Staats- und Nationsbildung 

Obwohl die Begriffe "Staatsbildung" (state-building) und "Nationsbildung" (nation-building) oft synonym verwendet werden, gibt es inhaltliche Unterschiede: "Staatsbildung" steht der "Staatsführung" oder der Kunst der "staatlichen Administration" nahe, während die Nationsbildung ein weitergehender Begriff ist, in dem Elemente wie Identität eine größere Rolle spielen. Mit anderen Worten: 

"'Staatsbildung' steht mit Strategien in Beziehung, mit denen Institutionen und Staatsapparat wie Bürokratie in einem Land gebildet werden. Dagegen geht die 'Nationsbildung' weiter und bezieht sich ausdrücklich auf Bildung einer `kulturellen Identität' in einem geografischen Raum."
[5] 

Nach Scott sind viele Wissenschaftler der Auffassung, dass eine "erfolgreiche Staatsbildung" die Basis einer "Nationsbildung" ist, und dass ein "effektiver Staat" die unabdingbare Voraussetzung zur Bildung einer Nation darstellt. Ein weiterer Unterschied zwischen Staats- und Nationsbildung ist, dass die "Staatsbildung" zwar auch durch ausländische Intervention erreicht werden kann, aber die Nationsbildung nur durch die betreffende Gesellschaft selbst vollzogen werden kann.
[6] 

Eine Reihe von Analytikern vertreten die Meinung, dass die Staatsbildung in Afghanistan in der gegenwärtigen Phase sogar trotz der Intervention der Weltgesellschaft und internationalen Kräfte nicht erfolgreich gewesen ist, dass der Staat in Afghanistan gescheitert oder fehlgeschlagen (failed state) sei und nach Abzug der ausländischen Truppen im Jahre 2014 das Land nicht funktionsfähig sei. Ist also der Prozess der "Staatsbildung" in Afghanistan gescheitert? Ein gescheiterter Staat wird u.a. so definiert: 

"Ein gescheiterer Staat ist dann vorhanden, wenn öffentliche Institutionen nicht in der Lage sind, den Bürgern positive politische Güter zu liefern, bis zu dem Punkt, dass die Legitimation und die Existenz der Regierung unterminiert wird."
[7] Nach dieser Definition ist festzustellen, dass der afghanische Staat bei der Etablierung der politischen Stabilität in den vergangenen Jahren nicht erfolgreich war, da sie nicht in der Lage war politische Güter zu liefern. 

Die wichtigsten Punkte, die zu den politischen Gütern zählen, sind "die Bereitstellung von Sicherheit, eine Rechtssystem, dass in Streitfällen ein Urteil fällt, die Bereitstellung der Infrastruktur für Ökonomie und Kommunikation, Sozialhilfeleistungen und die Möglichkeit einer zunehmenden Teilnahme (der Bürger) in den politischen Prozess."
[8] 

Hinzu kommt, dass eine weitverbreitete korrupte Verwaltung dafür gesorgt hat, dass die alte Bürokratie nicht effektiv funktioniert. Nach dieser Definition müssen wir den afghanischen Staat als eine "uneffektive" Institution, einen "failed state" bezeichnen. 

Da die Staatsbildung eine Bedingung der Nationsbildung ist, kann in Afghanistan auch die Nationsbildung als erfolglos bezeichnet werden. Ein Zeichen der Erfolglosigkeit der Nationsbildung ist das Fehlen einer einheitlichen Identität unter den Bürgern eines geografischen Raumes. Mit anderen Worten wird "der Zustand einer uneffektiven und gescheiterten Nationsbildung in einer multiethnischen Gesellschaft weiter verschärft. In solchen Gesellschaften definiert sich jede Einheit aufgrund ihrer Religion, Schicht, Sprache oder Ethnie getrennt von anderen."
[9] 

Individuen und Gruppen definieren ihre Identität aufgrund von regionalen, ethnischen, sprachlichen und örtlichen Zugehörigkeiten. Schetter schreibt: "Die afghanische Geschichte wurde immer mit einer paschtunischen Lesart geschrieben."
[10] Dies bedeutet, dass auch im Prozess der Nationsbildung versucht wurde, die ethnischen Muster der Paschtunen heranzuziehen, um die Nationsbildung zu bestimmen. Dazu gehören z. B. "nationaler Tanz" (Atan) und "nationale Tracht"(Pirahan Tunban). 

Vor diesem Hintergrund kann vielleicht festgestellt werden, dass der Bürgerkrieg der 1990er Jahre ein weiterer Versuch der afghanischen Völker war, ihre eigene Identität wiederzufinden. Es waren Ethnien, die im Laufe der Geschichte an den Rand gedrückt worden waren und nach dem Sturz vom Präsidenten Najibullah die Gelegenheit für eine neue unabhängige Identitätsbildung nutzten.

Stämme als Hindernis der Staatsbildung

Der italienische Afghanistan-Experte Antonio Giustozzi meint, dass Spannungen zwischen regionalen Fürsten und der Zentralregierung geschichtliche Wurzeln haben.[11] Diese Spannungen lassen sich in verschiedenen Phasen der afghanischen Geschichte beobachten: 

Amir Abdul Rahman Khan (Regierungszeit 1880 bis 1901) ist der erste afghanische Herrscher, der große Anstrengungen zur Stärkung der Nation und Errichtung einer Zentralregierung unternahm. Er ging dabei so grausam vor, dass man ihm den Titel "eiserner Emir" gab.
[12]Abdul Rahman Khan siedelte Bevölkerungsteile um und setzte Paschtunen an ihre Stelle. Trotzdem konnte er die Prozesse der Staats- und Nationsbildung nicht vorantreiben, denn einerseits unterdrückte er wichtige afghanische Ethnien, und andererseits gelang es ihm nicht mit den Stammesfürsten der ländlichen Regionen eine produktive Beziehung herzustellen. Barfield schildert diese Situation so: 

"Mit der Unterdrückung von Rivalen innerhalb seines Clans, der religiösen Bewegungen und ländlichen Unruhen durch Abdul Rahman Khan, entstand in Afghanistan eine Schicht der 'politischen Elite', die sich zunächst aus wenigen Personen zusammensetzte, aber großen Einfluss durch die Regierung von Abdul Rahman Khan hatte. Da diese Elite ihre ethnischen und ländlichen Bindungen abgelegt hatten, spielten die autonomen regionalen Stammesfürsten eine Vermittlungsrolle zwischen der Kabuler Zentralregierung und dem Volk. Die Loyalität dieser Stammesfürsten basierte auf deren ethnischen, regionalen, religiösen Netzwerken und Stammesrivalitäten. Die Loyalität ihrer Anhänger galt an erster Stelle diesen Stammesführern und erst an zweiter Stelle der Zentralregierung."
[13] 

Nach Abdul Rahman Khan versuchte Amanullah Khan mit einer unterschiedlichen Art und sanfter Annäherung den Prozess der Staats- und Nationsbildung voranzutreiben. Er unterdrückte andere Ethnien nicht und schaffte die bis dahin geltende Versklavung der Hazaras ab. 

Auch die Anstrengungen Amanullahs blieben ohne Ergebnis. Erschöpft vom Krieg gegen England widmete er sich der Modernisierung Afghanistans. Scheinbar hatte er es aber versäumt, tiefgehende Beziehungen zu Paschtunen herzustellen. Er hat versucht sensible Punkte der paschtunischen Tradition, wie das Verbot der Heirat von Minderjährigen, das Verbot der Polygamie und Bildung für Frauen uvm. zu etablieren. Das war für die Paschtunen ein rotes Tuch. Gerade diese Unzulänglichkeit war ein Grund für das Scheitern der Modernisierung und den Prozess der Staats-und Nationsbildung. 

Jules Stewart
[14] erklärt beispielsweise, wie die paschtunischen Stämme Amanullah provozierten. Im Dezember 1927 unternahm der König auf Einladung der italienischen Regierung eine Europareise. Er kam im Juni 1928 wieder zurück und begann, inspiriert von seiner Eindrücken, mit neuen Reformen. Die Engländer verteilten indessen ein Bild von Königin Soraya unter den paschtunischen Stämmen; in diesem Bild war sie ohne Kopftuch zu sehen während eines gemeinsamen Essens mit ausländischen Männern, wobei der französische Präsident ihr die Hand küsst. Dies war der Grund, warum Amanullah gleich bei seiner Rückkehr nach Afghanistan mit einer schweren Welle der Unruhe unter den Stämmen und Geistlichen konfrontiert wurde, die ihn am Ende, ein Jahr später, seine Herrschaft kostete.[15] 

Die Stammesfürsten kontrollierten unter Amanullah nicht nur ihre eigenen Stämme, sondern übten über einen "Stämmebund" Einfluss auf das Land aus und widersetzten sich der Modernisierung des Landes. Die "Loya Jirga" widersetzte sich dem Wunsch Amanullahs das Mindestalter für die Heirat bei Mädchen auf 18 und bei Männern auf 21 festzulegen und die Polygamie abzuschaffen. Die Regierung Amanullahs stand kurz vor dem Sturz.
[16] Den beschriebenen Stämmebund bezeichnet Ibn-e Khaldoun als "asabieyeh". Es ist jene strategische Koalition unter Mitgliedern eines Stammes oder mehrerer Stämme, die sie in einer Krisensituation zusammenbindet. Diese Form des Widerstandes (asabieyeh) ist alteingesessen und wird immer wieder dann ins Leben gerufen, wenn die Traditionen und Religion gefährdet wird. Im Fall Amanullahs haben sich Stammesführer, Geistliche und Feudalherren bereits 1924 erstmalig in Paghman getroffen, um gegen die Reformen des Königs vorzugehen (Ghobar).[17] 

Nach dieser Erfahrung Amanullahs verfolgte die afghanische Zentralregierung eine vorsichtige und konservative Politik gegenüber den Stämmen, die bis heute anhält. Die Kabuler Zentralregierung konnte zu keiner Zeit das staatliche Verwaltungswesen (Bürokratie) als Machtinstrument und das staatliche Gewaltmonopol in die afghanischen Stämme hineintragen. Ganz im Gegenteil: Auch die Regierung nahm allmählich "stammesmäßige" und "ländliche" Züge an. 

Stamm als "politische Einheit" in Afghanistan?

Wie bereits erwähnt basierte der Prozess der Staats- und Nationsbildung in Afghanistan auf vorgegebenen Mustern der paschtunischen Stämme. Mit anderen Worten setzte die herrschende Ethnie die Strukturen und Elemente ihres Stammes ein, um die Herrschaft zu etablieren und fortzusetzen (s.o. "asabieyeh"). Deshalb bezeichnen die meisten Politiker und manche Anthropologen Afghanistan als ein stammesorientiertes Land. Anscheinend war die jeweils herrschende Ethnie bei der Vertreibung anderer Ethnien aus der politischen Bühne und deren Vereinheitlichung in den letzten zwei Jahrhunderten erfolgreich. 

Gusfield zufolge waren traditionelle Werte bei diesem Prozess mächtig: "Die Rolle von traditionellen Werten bei der Formierung von [unterschiedlichen] Elementen der Loyalität und der Grundzüge der Machtlegitimation spielen für das Verständnis der Möglichkeit der Etablierung einer einheitlichen und stabilen Politik auf nationaler Ebene eine sehr wichtige Rolle."
[18] 

Die Präsenz von großen afghanischen Ethnien wie Tajiken, Hazaras und Uzbeken ist ein neues Phänomen in der Politik. Diese Völker sind erst in den 1980er Jahren auf die politische Bühne getreten, als sie zum Kampf gegen die ehemalige Sowjetunion mobilisiert wurden. Jede Gruppierung mobilisierte sich von innen heraus. In dieser Phase wurden Tajiken, Hazaras und Uzbeken wieder zu politischen Akteuren. Dennoch führte diese Partizipation für Politik und Staatsbildung – dieser politische Prozess hatte historisch ohne Beteiligung dieser Völker stattgefunden – zu keinem positiven Ergebnis. Nach dem Sturz der Sowjets 1992 eilten afghanische Mudjahedin in die Hauptstadt Kabul. Die verschiedenen ethnischen Gruppierungen versuchten die Macht in dem neuen islamischen Regime an sich zu reißen. Dies führte dann zu einem blutigen Bürgerkrieg in den 1990er Jahren. 

Nach dem Sturz der Taliban im Jahre 2001 konzentrierte sich die westliche Politik auf die Bildung einer "multiethnischen Regierung auf breiter Basis". Hamid Karzai, der zum Durrani-Stamm der Paschtunen gehört, übernahm die Führung der Übergangsregierung. In seinem 30-köpfigen Kabinett waren 11 paschtunische, 8 tajikische, 5 hazarische, 3 usbekische und 3 Minister aus anderen Ethnien vertreten. 

Mit dem Einzug anderer Ethnien in die politischen Entscheidungsprozesse verlor der Stamm als "politische Einheit" in Afghanistan an Bedeutung. Die Behauptung, Afghanistan sei ein stammesorientierter Staat, in dem die kleinste gesellschaftliche Einheit bzw. der Stamm die Politik bestimmt, ist also so nicht aufrecht zu erhalten. Die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und geografischen Bedingungen der Stämme prägen ihre Formierung als "politische Einheit" mit. Zum Beispiel ist die soziale Struktur von Hazaras nicht stammesorientiert und nicht homogen und pyramidenförmig. In der Gesellschaft von Hazaras hat nicht ein einziger die politische Macht in der Hand. Vielmehr bildet eine Gruppe von Menschen, die unter sich Rivalen sind, ein Machtnetz. Die Macht legitimiert sich unter dieser Volksgruppe nicht aufgrund von "Blutsverwandtschaft" und "Abstammung", sondern aufgrund des religiösen Ansehens. 

Auch unter den Tajiken ist die politische Einheit nicht der Stamm. Die Tajiken treffen politische Entscheidungen aufgrund ihrer Lebenssituation. Zum Beispiel nennen sich die Tajiken zu ihrer Differenzierung "Tajik von Panjsher" oder " Tajik von Badakhshan", was relativ unterschiedliche politische Neigungen beinhaltet. So konnten die Tajiks von Panjsher 2004 bewirken, dass ihr Gebiet von einem Bezirk in eine Provinz umgewandelt wurde (ca. 100 km nördlich von Kabul gelegen). Die Tajiks von Panjshir machen ihre Entscheidungen immer von der strategischen Relevanz für die Zentralregierung abhängig. 

Loya Jirga als stammesorientierte politische Institution und die bilaterale Legitimation

Der afghanische Staat war nie in der Lage, den zentralen Verwaltungsapparat als Instrument und Hebel der staatlichen Gewalt in die Stämme und Dörfer hineinzutragen. Dennoch ist die Loya Jirga ein sehr wichtiges Organ der politischen Aktion und Reaktion zwischen der Zentralregierung und den Stämmen. "In Afghanistan hatte generell jeder Stamm eine Jirga als administrativ-politische Ratsversammlung. Der Nationalstaat hatte mit den Stammes-Jirgas eine organische Verbindung und konnte somit als Verlängerung der Jirga gesehen werden."
[19] 

Die afghanischen Regierungen nach Amanullah versuchten, die Loya Jirga als ein nationales politisches Organ zu definieren, um eine eine besondere Funktionen zu erfüllen: Es sollte eine Art "Vertrauensbildung" zwischen Stammesführern und traditionellen Dorfvorstehern einerseits und der Zentralregierung andererseits erreicht werden. Und die Regierung sollte durch sie ihre Legitimität festigen, was erheblich wichtiger war. 

Die Loya Jirga bewahrte sogar unter modernen politischen Systemen wie unter dem kommunistischen Regime in den 1980er Jahren ihre Funktion. Präsident Najibullah wurde beispielsweise nach Babrak Karmal 1987 von diesem Organ zum Staatspräsident gewählt.
[20] 

Auch unter dem gegenwärtigen politischen System wurden seit 2001 mehrfach Loya Jirgas konstituiert: Im Juni 2002 gab es eine außerordentliche Loya Jirga, im September 2003 kam eine Loya Jirga wegen der Verfassung zusammen; im November 2011 schien die Berufung einer "traditionelle" Loya Jirga (an-anawi) trotz vorhandener Gesetzesorgane wie Senat und Parlament unangebracht, dennoch ordnete der Präsident die Versammlung an. 

Gerade die Existenz solcher gesetzgebender Parallelorgane, deren Legitimationsbasis nur durch die örtliche Bevölkerung gegeben ist, führt zu einem Widerspruch in den Machtstrukturen. Loya Jirga hat die Verbreitung der zentralen Bürokratie unter den Stämmen und ländlichen Regionen verhindert, aber auf der anderen Seite dient sie der Fortsetzung der pyramidenförmigen Machtstruktur in abgelegen Gebieten. 

Mit anderen Worten: Wenn regionale Anführer und Stammesoberhäupter zur Teilnahme an der Loya Jirga nach Kabul eingeladen werden, sind sie die legitimen Vertreter ihrer Stämme und werden auch als solche wahrgenommen. Ihre Präsenz geht auch gleichzeitig mit der Anerkennung der Zentralregierung einher. Die Zentralregierung nimmt dies im Gegenzug wahr und sieht ihre Legitimität gefestigt. Somit ist die Loya Jirga ein politisches Instrument, um sich gegenseitig zu legitimieren (Stammesführer und Regierung). Diese Anführer und Oberhäupter werden dann in ihren Regionen nicht nur als traditionelle Anführer, sondern auch als Vertreter der Zentralregierung angesehen. Das führt zu einer ständigen Stärkung der regionalen Machtstrukturen und dem Machtverlust der zentralen Regierung. Die "bilaterale Legitimation" ist eine unbeschriebene Konvention zwischen der Zentralregierung und den Anführern von ländlichen Regionen und Stämmen.

Schlussfolgerung

Afghanistan ist entgegen der herrschenden Auffassung kein stammesorientierter Staat. Vielmehr ist der "Stamm" nur die "politische Einheit" eines Teils von Afghanistan und bezieht sich auf die Paschtunen. Nations- und Staatsbildung sind in den vergangenen 100 Jahren in einer Wechselbeziehung zwischen der Zentralregierung und Stämmen aus zwei wesentlichen Gründen misslungen: a) Der Widerstand der Stämme gegenüber dem "modernen Staat". b) Die "ineffiziente" Politik der Zentralregierungen gegenüber den Stämmen und die mangelnde Verbreitung des Verwaltungsapparates in den Stämmen und ländlichen Regionen. 

Um die Nations- und Staatsbildung in Afghanistan zu verwirklichen, müssen alle "politischen Einheiten" berücksichtigt und in einem weiteren Schritt die Art ihrer Beziehung zut Zentralregierung definiert werden. In der gegenwärtigen Phase, nach 2001, sind im Prozess der Nations- und Staatsbildung zwar auch andere politische Gruppierungen auf die Bühne getreten, die zu verschiedenen Ethnien gehören, d.h aber nicht das sie auch die Interessen ihrer Ethnie vertreten, da sie nicht demokratisch gewählt worden sind. Beispielsweise bedeutet die Präsenz von nicht-paschtunischen Stammesfürsten nicht zwangsläufig, dass sie ihren eigenen Stamm vertreten. Es muss deshalb in Kabul eine politische Struktur entstehen, an der sich in natürlicher Form verschiedene politische Einheiten beteiligen können. 

In der jetzigen Situation ist die Macht in Form von "Kontingentierung" unter bestimmte Personen verteilt worden, und zwar unter der Annahme, dass die jeweiligen Personen einen Stamm repräsentieren. Das führt zur Unterdrückung der politischen Dynamik in den Ethnien und dazu, dass politische Akteure einer Ethnie gezwungen sind, zur Teilnahme an politischen Entscheidungen den Führer des jeweiligen Stammes als Brücke zu nutzen. So muss z. B. eine neu unter den Uzbeken entstandene politische Einheit zu ihrer Bestand- und Beteiligungssicherung auf der politischen Landschaft von General Dostum genehmigt werden. Dostum ist seit den Neunziger Jahren der Anführer der usbekischen Miliz. Nach dem Sturz der Taliban 2001 hat er an Macht gewonnen und ist der Anführer aller Usbeken. Daher muss jeder Usbeke, der sich politisch engagieren will, die Linie Dostums einhalten. 

Weiter lässt sich feststellen, dass ein moderner Staat auch moderne Strukturen verlangt. Die Loya Jirga stellt ein Parallelorgan zu anderen Institutionen wie Parlament und Senat dar und verringert deren Einfluss. Darüber hinaus verstärkt sie die Legitimation von Anführern in Stämmen und ländlichen Regionen. Dies wiederum bewirkt eine Stärkung der traditionellen Institutionen und Schwächung des staatlichen Verwaltungsapparates in diesen Regionen. Moderne Institutionen müssen in den zentralen Blickwinkel der Regierung rücken, damit durch ihre Stärkung die politische Struktur rational und effizient gestaltet werden kann. 

Bibliographie 

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Schetter, C. Ethnicity and the Politics Reconstruction in Afghanistan. Bonn: Center for Development Studies (ZEF), University of Bonn. 

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Siddique, A. (2012). Afghanistan's Ethnic Divides. CIDOB POLICY RESEARCH PROJECT. 



Zitationen

"The ruling family of the Pashtuns, enthroned by British India, favored Pashtun elements in their concept of the nation-state […] the politics of the ruling family employed the ethnic patterns which came into existence in order to regulate access to public goods and offices" (Schetter, 2002, p.3) 

A swift American- led military victory routed the Taliban and a much slower-and flawed- political intervention focused on delivering a "broad-based and multi-ethnic" government. Hamid Karzai, a Durrani Pashtun leader from Kandahar, was picked to lead the first transitional administration. The 30-member cabinet he led included 11 Pashtuns, 8 Tajiks, 5 Hazaras, 3 Uzbeks and 3 members of other ethnic minorities (Siddique, 2012, p.5). 

Amir Abdur Rahman (ruled from 1880 -1901), was the first ruler to attempt consolidation of the nation into a centralized state. He ruled with a ruthless hand that led to him being termed 'Iron Amir' (Ghosh, 2003, p.3) 

Presumebly, the British distributed picturs of Sorya without a veil, dining with foreign men, and having her hand kissed by the leader of France among tribal regions of Afghanistan (Stewart, 1973). 

Conservative Mullahs and regional leaders took the images and details from the royal family's trip to be flagrant betrayal of Afghan culture, religion and 'honor' of wormn (Ghosh, 2003, p.5) 

Tribal leaders controlled not only their regions, but through inter-tribal unity, held sway over most of nation in resisting attempt at modernization. The Loya Jirga, finally put their foot down when marriage age of girls was raised to 18 years and for men to 21 years, and polygamy was abolished (Ghosh, 2003, p.5). 

The new national political elite had a much narrower social, political and regional base than those of nineteenth-century Afghanistan. Leaders then were politically autonomous and served as intermediaries in their people's dealings with the central government in Kabul. Such loyalties might be based on tribal ties, regional affiliations, religious networks, or decent from rival dynastic lines. Their followers were loyal to them first and Kabul second (if at all) (Barfield, 2010, p.166) 

Giustozzi, the leading expert on the development of the state in Afghanistan, reminds us that the tensions between local leaders and the central government in Afghanistan have a historical basis (2008, and Tapper 1983). 

The role of traditional values in the form of segmental loyalties and principles of legitimate authority are of great importance in understanding the possibilities for the occurrence of unified and stable politics at a national level (Gusfield, 1967, p. 357). 

There is much confusion over the terms ‘state-building’ and ‘nation-building’ (Hippler 2004, Goldsmith 2007).

Some authors use the terms inter-changeably, some with completely different meanings. In general, most people use ‘state-building’ to refer to interventionist strategies to restore and rebuild the institutions and apparatus of the state, for example the bureaucracy. In contrast, ‘nation-building’ also refers to the creation of a cultural identity that relates to the particular territory of the state. Most theorists agree that a well-functioning state is a requirement of the development of a nation, and therefore most would also agree that state-building is a necessary component of nation-building. Several authors argue that whilst state-building is something that external actors can engage in, the development of a cultural nation is inherently something only the emerging society can itself shape. Using this line of thinking, it seems most appropriate for development actors to limit themselves to using the terminology of state-building (Scott, 2007, p.3) 

Nation failure is an aggravated form of state failure particularly relevant to multi-community state. The individual communities may define themselves by shared religion, class, language, or ethnicity, different to that of the other communities (A. von Bogdandy; R. Wolfrum, (eds), 2005, p.285). 

"State failure can be defined as the failure of public institutions to deliver positive political goods to citizens on a scale likely to undermine the legitimacy and the existence of the state itself". (R.I.Rotberg, 2003 and A. von Bogdandy; R. Wolfrum, (eds), 2005, p.580) 

"…the provision of security, a legal system to adjudicate disputes, provision of economic and communication infrastructures, the supply of some form of welfare policies, and ncreasingly also opportunities for participation in the political process". (R.I.Rotberg, 2003 and A. von Bogdandy; R. Wolfrum, (eds), 2005, p.580)

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Fußnoten

1.

Georg Elwert: Ethnie, in: Christian F. Feest, Hans Fischer und Thomas Schweizer (Hrsg.), Lexikon der Völkerkunde, Dietrich Reimer Verlag, Stuttgart 1999, S. 99 f.

2.

Ghobar, 2011, Seite 14

3.

Schetter, 2002, Seite 3

4.

Boshiria, 2011, Seite 287

5.

Scott, 2007, Seite 3

6.

Ebda, Seite 3

7.

R. I. Rotberg, 2003 und A. von Bogdandy; R. Wolfrum, ebda, 2005, Seite 580

8.

Ebda.

9.

A. von Bogdandy; R. Wolfrum, ebda, 2005, Seite 285

10.

Schettler, 2002, Seite 3

11.

2008 und Tapper 1983

12.

Ghosh, 2003, Seite 3

13.

Barfield, 2010, Seite 166

14.

Jules Stewart ist ein erfahrener Journalist auf dem Gebiet der anglo-afghanischen Kriege. Er hat vier Bücher veröffentlicht zum Thema, u.a. "On Afghanistan´s Plains" und "The story of Britain's Afghan Wars"

15.

Ghosh, 2003, S. 5

16.

Ebda, 2003, S. 5

17.

Ghobar. S. 701-702

18.

Fusfield, 1967

19.

Boshiria, 2011, Seite 288 und Clifford, 1989

20.

Afghanpaper, 2012

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WDF 2441901

 

An article on ethics philosophy - - سنت رائولز و جهان نگری اپیا - مقاله ای در باب فلسفه اخلاق

Shattered beings are best represented by bits and pieces. Rainer Maria Rilke

1. Introduction

Nowadays, writing about ethics philosophy seems impossible without reading and understanding Rawls' book ofA Theory of Justice(free download). Rawls by formulizing some abstract concepts in ethics created a new tradition in ethics philosophy and also affected philosophy, in general, for more than half a century. Rawls, in his book, is fundamentally discussing on justice and mankind's basic rights. A Theory of Justice has new approaches to ethics philosophy through its methodology and different perspective to the topic. Thus, certainly most of ethics philosophers are in some ways affected by Rawls' ideas and methodology.

Rawls' methodology is based on shifting between hypothetical situation and reality to create a network of what should be and what there are. He always bridges between hypothetical phase and the real phase. Rawls actually makes a hypothetical framework and then puts the real-life phenomena into that to shape a new understanding of the subject. What makes Rawls' methodology different in ethics philosophy from other philosophers is that Rawls puts the realism into the frame of his idealism, but before him, philosophers mostly were trying to idealize the real-life stories.

However, there normally exist different interpretations of Rawls' comprehensive theory such that consequently led to variant approaches in ethics philosophy.

Appiah is also one of those philosophers who could not get away from Rawls' tradition. This paper intends to question how much and how Appiah has followed Rawls tradition in shaping Cosmopolitanism.

Appiah emphasizes mostly on two key concepts in his book:Cosmopolitanism and Strangers.I am trying to explain what they are meaning in Appiah's philosophy; and how much Appiah was successful in defining these key concepts?

2. Cosmopolitanism

When we read the title of the book, we realize that the cosmopolitanism would be a different approach from the globalization and should have a different feature. It is also expected by audiences to know why Appiah brought the cosmopolitanism instead of the globalization in this argument.

As much as you are going deep to the discussion, and searching for answers, you find it out that Appiah probably wanted to open a new window to ethics philosophy by using the concept of the cosmopolitanism, but he could not be successful. Maybe, he could not, or he did not want to give a certain and specific description of his cosmopolitanism. He just briefly argues at the beginning and leaves it immature.

Appiah begins his book with the story of Shattered Mirror, to point it out that there is not a single and certain meaning of Faith and Truth in the world, but each human community represents a part of the truth as a piece of a shattered mirror:

"All Faith is false, all Faith is true;

Truth is the shattered mirror strown

In myriad bits; wile each believes

His little bit the whole to own". (Appiah, 2007: 5)

Appiah is trying to have a profound approach to the roots of human being as the basic elements of his framework. In this case, Appiah is also following Rawls' tradition. He uses the example of the Shattered Mirror to say what is behind the real-life stories, and on what fields our behaviour are based; as Rawls based his discussion on some fundamental human rights such as freedom and voluntarily actions.

In spite of Appiahs' attempt to identify diversities in human-being as the first step of the cosmopolitanism discussion, he was not successful in introducing this fact as a cosmopolitanism characteristic. What he said in the Shattered Mirror story does merely indicate the concept of pluralism and dissimilarity which is accepted as a basic fact of the globalism. Moreover, Appiah is relying more on cultural pattern; and consider social-cultural diversities as the characteristics of the globalism.

The witchcraft story is another Appiah's key example to show how much societies' understandings from the natural phenomena are different. He does not judge whether which interpretation is true or false; but he firstly emphasizes how differently people understand their lives' facts, and secondly their perceptions are based on various resources.

Appiah apparently recognizes witchcraft in Ghanaian culture as a tool of that society to encounter their natural obstacles. He does not consider the potential conflict between modernism and traditionalism, and just tries to demonstrate the differences. Furthermore, he evidences that even people of a modern society have some irrational beliefs. Appiah believes that our beliefs are based on our personal experiences, our culture and our life circumstances in which we grow up: "There is nothing unreasonable, then, about my kinsmen's belief in witchcraft. They think only what most people would think, given the concepts and belief they inherited; if you grow up with their beliefs and had their experience, that is what you would believe, too" (Appiah, 2007: 42).

Appiah is writing conservatively and not interested to discuss what are true or false, but he just consider that recognizing others' behaviour – even seems irrational- is the first step of the cosmopolitanism; but in this context, he also forgets that this is one of the globalization facts, that titledTolerance.

In this context, Appiah obviously tried to follow Rawl's tradition to enhance the feature of globalization, and bring it to the upper level and shape the term of Cosmopolitanism. This means that what Appiah is focusing on in order to establish his ethical framework are exactly the elements of Globalization. A pluralism approach to the world from a modern and postmodern perspective is what makes Appiah's cosmopolitanism close to globalization; but Appiah is wisely using Rawls' methodology to look at the real-life phenomena from a very basic view. Rawls' in A Theory of Justiceby shaping a hypothetical framework tried to discuss on justice, party and so on. Rawls' initiation was that he changed the perspective to ethics. Before Rawls' Theory the argument on justice was concentrated on production and distribution of goods in society. Rawls' went to the back of such meanings of justice, and tried to look at inequality, human-being, justice and fair, hypothetically. This methodology indeed helped Rawls to make a certain framework to analyze the roots of inequalities not merely as an economical issue, but a philosophical and ethical subject.

Appiah followed Rawls' tradition and applied a similar abstract framework to enrich the term of globalization and create cosmopolitanism concept.

 Now, I am going to figure out this common question "What is the difference between globalization and cosmopolitanism".

As Appiah mentioned, the term of globalization firstly referred to a marketing strategy, and gradually encompassed other fields of human society. Multicultural communities, mass media, telecommunication technology, and particularly internet worked as the tools of shaping globalization concept. The idea behind the globalization is that each society has opportunity to share its goods with others. Though a very complicated network of goods production and distribution has been created and it has been assumed that everybody is supplying her/his cultural, economical and even political products; but the direction of globalization flow has been from the West to the Rest. For example, "the economic dimension of globalization is the expansion and transformation of capitalism into an integrated global economy" (dictionary of sociology, 2006:168). The globalization is also accompanied by some other concepts such as tolerance, democracy and human rights. Therefore, the term of globalization covers a combination of facts by which the relationships among societies are indentified.

On the other side, if we accept the term of Cosmo refers to universe, and has a more abstract meaning than the World and its geographical feature, then we should assume a new understanding of that. Cosmopolitanism is the assumption of mankind existence in the world as a single, rational and equal creature; what makes closer sense to Appiahs' idea. Globalization implies multidimensional connections between societies; but cosmopolitanism means thinking as a mankind in the world regardless societal, economical and political belongings.

As mentioned above, Appiah was not successful to draw a certain boundary between these two concepts, but he confused cosmopolitanism with globalization.

 2.1 How Cosmopolitanism created by Rawls tradition?

Appiah uses absolutely Rawls methodology to discuss his idea of "A Citizen of the World". Rawls established most of his concepts on the concept of Veil of Ignorance. Behind the veil, everybody is equal because everything which depends on human's belongings is removed, such as education, social class, income and etc; and consequently everybody is assumed as a human kind without differences. What Appiah also tried to discuss as the cosmopolitanism is derived from this Rawls' method. In cosmopolitanism, everybody is a citizen of the world; as citizenship implies the equality of a group of people in a city, country, and in this way, in the world. Each citizen has those rights that the other one has. In this context, Appiah shaped his immature idea by Rawls' Veil of Ignorance; but Appiah could not continue the process of Rawls' methodology to link the hypothetical phase to reality and give a concrete meaning of his idea; as Rawls actually based the concept of Original Position on the Veil of Ignorance concept, and discussed how people can stands in their proper places.

Consequently Appiah's idea remained in an idealistic level. He is talking about "a citizen of the world" without considering the realities in human societies. How is it possible to think and behave as a citizen of the world, in the age of political and economical dominance by the West; or when mass media affected different fields of human-life and can change the meaning of certain concepts very easily? Appiah does not say how almost 7 billion people can behave as citizens of the world with equal rights of citizenship, when there exist millions of different actors who shape humankind relationships, politics, culture and economics? Whereas Appiha himself confirm that different understanding that led to different moral value is based on accessibility to material: " Those of us who were given scientific educations have a significant advantage. It's not that we are individually more reasonable; it's that we have been given more materials with which to think about the world." (Appiah, 2007: 42)

3. Who are strangers?

The term of stranger is mostly used in anthropology and sociology referring immigrants and refugees who are residing in a new community. In this sense, strangers are a group of people who have to re-create their identity in a new situation by using different surrounding elements. Some metropolitan cities like Chicago, are established by a combination of strangers' cultures. In this regard Bauman says that: "City life is carried on by strangers among strangers. In the words of Michael Schluter and David Lee, the stranger is "every of us going out" (Bauman, 1995: 126).

However, Appiah's Strangers is almost different. He tried to abstract the notion of strangers and using that as a term to identify world's citizens. In Appiah's words, stranger means everybody in the world who is acting at the same time as a citizen of the world. Therefore, Appiah once again emphatically says that due to cultural differences, everybody in the world is a stranger who should act as a citizen of the world.

4. Postmodern approach

In spite of Rawls' affection on Appiah's ethics philosophy, there is a prominent difference between them. Rawls was the philosopher of the modern era and wrote his book in the time of the Cold War, when the clash between ideologies culminated. Although, Rawls was really successful to escape from ideological atmosphere, he could not discuss on ethics out of the modern boundaries. He believed in equality and inequality, fair and unfair and etc.

But Appiah has a different approach to ethics. His approach is in some way postmodern while he does not talk about good and bad, black and white in the sense of superiority. He does not prioritize culture or value systems. He believes that if there are different understandings in the world that is just because of our cultural background, materials and institutions which shaped our opinion.

"When an American gets a fever and assumes he has an infection, he's applying the concepts that his culture has given him for thinking about disease. If, as I believe, this is a better story than a story about witchcraft, it's not because he's a better person. It's because he has the good fortune to live in a society that has spent enormous amounts of human resources to get that better story." (Appiah, 2007: 43)

For example, by the story of virus, he says that if we ask someone in Newyork about the existence of virus, he or she will answer "Yes, there exist", and if we ask how do you know? He or she continues that scientists say. Appiah shifts the story to Ghana and says that if we ask a Ghanaian about witchcraft, he or she also says "Yes, there exist", and if we continue to know the origin of his/her belief, you are answered that "our ancestors say". In this story, Appiah always agues on different understandings without prioritizing.

One of the principles of postmodernism concept is Uncertainty. There is not an absolute understanding of phenomena. Consequently, value systems cannot be evaluated as well as we get able to classify or prioritize them.

5. Conclusion

In the end, I think that Cosmopolitanism, Ethics in the World of Strangers could be written more comprehensive and philosophical. Now, I just think that Appiah as a philosopher in the early of 21stcentury just made efforts to open a new discussion in ethics, but was not successful to formulize his idea philosophically.

6. References

-         Appiah, Anthony Kwame (2007), Cosmopolitanism, ethics in a world of strangers.

-         Bauman, Zigmunt, 1995, The Stranger Revisited- and Revisiting in Life in Fragments: essays in postmodern morality, p 126.

-         Elizabeth, Wren-Ovens (2007), Postmodern Ethics,

Willy Brandt School of Public Policy at Erfurt University - February 2010

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اندوه که سنگین می شود
می نشینم
پاترلینی گوش می کنم
چایم سرد می شود
و به خودم قول می دهم، فردا
وقتی از خواب برخاستم
فقط جای دندان های تو روی شانه ام باشد
جای لب هایت روی گونه ام
جای دستت روی موهایم
جای تمام تنم روی بدنت
و من آن صبح
در اداره بگویم
هوا خوب است
بمبی منفجر نشده
خبری نیست
و سیب تردی را مدام دندان بزنم
.......
اندوه که سنگین می شود
در خودم جمع می شوم
خلاصه می شوم در موسیقی و حافظ
و عصرها که یکدیگر را می بینیم
فکر می کنی
روی تاقچه قاب عکسی جا مانده است
که نه لبخند می زند نه حرف
گرد و خاکم را پس می زنی
گونه ام را می بوسی
و من بزرگ می شوم
می ایستم
با شاهنامه ای در دست و چشمانی براق
ای خدای صبح ها و عصرهای من

.......

pomegranate juice

رستوران تازه "انار"

دکور زیبا، چراغ های مسی، ترمه و موسیقی

صندلی خالی روبرو غم انگیزترین

صندلی این سو، غمگین ترین

صندلی این سو حرف می زند

کلمات را کنار هم می چیند

و زخمش را اندازه می گیرد

صندلی غمگینی که

قاشق، چنگال به دست می گیرد

و روزهایش را

تکه تکه می کند

اما شب... مثل تکه سنگی در گلویش

زندگی گس است، گس 

اگر شوری اشک بگذارد!

 

صندلی روبرو غم انگیزترین

صندلی این سو غمگین ترین

صندلی

چایش را محکم می گیرد

دستش می سوزد اما

سرد می نوشد

صندلی روبرو نگاه نمی کند

چیزی نمی گوید

صندلی این سو ساعتش را نگاه می کند

و خودش را می ریزد به خیابان

 

انار

اندوه ورم کرده درخت

که فقط سالی یک بار

ترک می خورد ....

من

سالی صد بار انار می شوم ...

 

31 جولای 2016

 
n 54048 1 600x374
وقتی غمگینم شعر می شوی
وقتی خوشحالم خاطره،
بین کلمات و عکس ها
طوری گیر کرده ام که پرنده ها
روی شاخه این روزهایم می نشینند
بسم الله می گویند و فال حافظ می گیرند
صبور باید بود
با کلماتی که با تاخیر
    از راه می رسند
نگاهی به ساعتت می اندازی
دیر کرده ام، یعنی
یک جایی
میان شعر و خاطره 
دست و پا می زنم
حافظ را می بندی و بختمان را
در لکه های فنجانی وارونه 
                                   جستجو می کنی!
لکه هایی که نه شعر دارند، نه خاطره ...
۳۰جولای
day poem Kopie
گناه سال کبیسه نیست که کسی
زادروزت را خجسته نمی گوید
گناه کابوسی است
که معشوقت را
در آغوش کسی نقاشی می کند که...
گناه درختان بیگناه
و روبان هایی رنگارنگ
که "عشق" و "کار" را بیهوده یکی کردند
                                روز اول ماه می
در بیابانی که عاطفه را
                         حتا
                            اندازه می گیرند
خط می کشند و
قیچی می زنند
تا برای تن دیگری بدوزند!
اینجا
همه سال هایمان یک روز کم دارند
همان روزی که خوشی را
ته جیب مان گم کردیم ...
6dc88e8303c06579236ceab1dc6e7bd8
 
باران نمی بارید اما
چشمم بارانی سرخی را می گشت در شلوغ شهر
که آتشی گداخته بود در خیابان!
عصر
دیدمت با سایه ای که کنارت راه می رفت
بارانی سفیدت
آب سردی بود روی همه پرسه هایم
                                             در شهرت
                                             که ورق می خورد در باران
                                             که ورق می خورد در اندوه
شهربانو!

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رنگ داده بودی به این مرد خاکستری
که فقط سیگار می کشد
کنار گلدان ها
و خاکسترش را روی قالی ترکمن می پاشد
راستی
شب، آسمان، آتش و بامیان
یادت هست....
رنگ آدم می پرد وقتی
روبروی آینه 
عکس سیاه و سفیدی را می بیند
که چشمانش را زاغ خورده است
چشم بادامی ها 
تلخند
مثل من
من به آبی معتاد بودم و تو
به قهوه ای که خواب را از چشم ماهی ها هم
می پراند
رنگ پاشیدی روی سنگفرش خیابانی 
که سایه ام را آن روز عصر
آن قدر کش داد
که من رفتم و او نمی توانست از تو دل بکند...

17 اپریل

inde1

اگر هر آواره با خود شعری بیاورد
چه خواهد شد؟
آیا اروپا دیوان بیدلی نخواهد بود
با کلماتی گیج و عمیق
با حرف هایی از تاک های دمشق و بلخ
مدیترانه چطور دلش آمد
تو را با شعرهایت غرق کند
دریا چگونه توانست
این همه شعر را بنوشد و مست نشود
...
گلویت اینجا می خشکد
نه آب معدنی پاستوریزه!
نه شراب زیرخانه تاک های آلپ
هیچ چیز گلویت را تازه نخواهد کرد
چطور دلت آمد
کلماتت را اینجا دفن کنی
این جا قبر شاعران قبله ندارد
اینجا ما فقط در مکالمه یک حرف ساده گیر کرده ایم
سال هاست 
گیر کرده ایم
کودک شاعر من!

عاصف حسینی – 20 فبروری

 

عاصف حسینی 1

 

زبانت را به کام می گیرم

دستور کلمات را می شکنم

تا چیزی بگویم

مثل آواره ای که مرزها را می شکند

تا پیش از غروب آفتاب

به آبادی برسد ...

 

بامداد 18 اکتبر

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